Dienstag, 14. Dezember 2010

Ohne Rothi im Finale

Im Zuge von WikiLeaks und diesem zum World Cyber War hochstilisierten Kampf der Assange-Jünger hörte man unter anderem von so genannten DDOS-Attacken. (Nicht zu verwechseln mit den jährlichen DSDS-Attacken von RTL) Da werden gezielt Firmenserver lahmgelegt, indem man sie in einem sehr kurzen Zeitfenster mit Tausenden von Anfragen überhäuft.
Ein teufliches Manöver, das am Sonntag anscheinend ein neues Opfer hatte: den Ticketserver von dticket.de. Stundenlang war da kein Durchkommen, nicht einmal der Hauch eines Blickes auf so etwas wie ein Bestellformular oder eine Warteliste. Und das alles nur wegen ein paar Tickets für das ESC-Finale. Verrückt... ^^
Hach, aber es wäre schon schön gewesen, selber in den Besitz einer dieser kostbaren Schätze zu kommen... Naja, es ist ja nicht aller Tage Abend. Für jemanden wie mich, den es in erster Linie um das Live-Feeling geht, gibt es schließlich noch das Jury-Finale, das erste und das zweite Halbfinale. (Die alle ohnehin etwas portmoneeschonender sind)

Sollte es mir jedoch für die anderen Veranstaltungen genauso ergehen wie am Sonntag, bleibt mir doch nichts anderes übrig als zum härtesten Mittel zu greifen: Peter Urban entführen und seinen Kommentatorenplatz in der ESPRIT-Arena besetzen. *muahaha*





P.S.: Schon mal ein Hinweis an meine Uni bzw. meine Institute: Wenn ihr es wagen solltet, in diese Maiwoche den schriftlichen Teil meiner Magisterprüfung zu legen, dann ...

Freitag, 10. Dezember 2010

Bitte nicht stören!

Hab zwar im Moment eigentlich nicht einen Euro dafür, aber ich werde trotzdem am Sonntag um Punkt 12.12 Uhr am Computer sitzen und versuchen, eines der 35000 Tickets fürs ESC-Finale zu bekommen. ESPRIT-Arena, ich komme!! :-)

Mittwoch, 8. Dezember 2010

Wieviel Sender braucht das Land? - Heute: Sky

Pay-TV in Deutschland, ein ewiges Thema. Seit vor 20 Jahren der Sender Premiere mit einem Sender und seinem schnuckeligen Analog-Decoder an den Start ging, wird die Frage gestellt: Wozu brauche ich das denn? Wieso soll ich noch mehr Geld für Fernsehen bezahlen? Mir reichen schon die GEZ und meine Kabelgebühren.
Bei Premiere waren die Pro-Argumente vergleichsweise klar. Da waren es die zeitnahe Verwertung der Kinofilme, lange bevor man an eine normale Fernsehausstrahlung denken konnte, und die exklusive Berichterstattung von Sportevents und der Bundesliga. Und natürlich der öffentlich-rechtliche Luxus der fehlenden Werbeunterbrechungen.

Als dann aber 1996 Leo Kirch mit seinem Programm-Overload DF1 dazukam und die Digitalisierung der Satellitenübertragung seine ersten konkreten Schritte machte, standen die Menschen vor einer ganz neuen Art von Pay-TV. Die inhaltliche Exklusivität ordnete sich einem Masse-statt-Klasse-Prinzip bzw. Jedem-Tierchen-sein-Pläsierchen-Prinzip unter. Nischenfernsehen jedweder Art, das sich im Free-TV niemals rentiert hätte, bekam DF1 sei Dank seine Existenzberechtigung in der Fernsehlandschaft. (Wer wollte nicht schon immer einen Sender haben, der nichts anderes zeigt als Golf? ^^)
Und schon damals war man sich dem Kaufargument "Vorsprung durch Technologie" bewusst. Werbekampagnen, die die Qualität der Digitalübertragung im Vergleich zum analogen PAL-Signal hervorhoben, waren von Anfang an Teil der Marketingstrategie. Hat aber alles nichts genutzt. Kirchs Pay-TV-Offensive wurde zum Rohrkrepierer, was aber Premiere aus irgendeinem Grund nicht davon abgehalten hat, sich des Projekts zu erbarmen und Ende der 90er das große Konglomerat Premiere World zu erschaffen.

An diesem Punkt hätte man sich eigentlich mal wieder grundsätzlich fragen können: Was soll uns besonders machen als Pay-TV? Die Vielfalt oder die Exklusivität unserer Inhalte? Kofler und Konsorten entschieden sich nach der Fusion für ein klares "oder" und begannen das Nischenprogramm-Portfolio in einzeln buchbare Themenpakete zu packen. So wurden der Bundesliga-Fan und der Kino-Liebhaber zumindest nicht mehr über einen Kamm geschert, sondern jeder konnte sich die Alternative raussuchen, die ihm am meisten gereizt hat.

So weit, so gut, aber so richtig kamen die Zuschauer trotzdem nicht aus dem Quark. Mit so viel Überangebot können bzw. wollen anscheinend nur wenige etwas anfangen. Das Einzige, was von Anfang an gezündet hat, war der Fußball, besonders seit der Einführung der Konferenz, was immer noch die größte Fernsehinnovation ist, die der Pay-TV-Konzern hervorgebracht hat. Wenn es also mal um inhaltliche Exklusivität ging, dann bestand sie hauptsächlich aus Lizenzscharmützeln um die Bundesliga.
Darüber hinaus bewegt seit je her die Programmauswahl irgendwo zwischen Konserve und Belanglosigkeit. So interessant die Ansätze vieler Nischensender sind, aber ein Vollprogramm macht bei kaum einen wirklich Sinn. Die entstehenden Redundanzen sind einfach zu hoch, selbst für meinen Geschmack.

Leider hat sich an diesen Umständen bis heute - trotz etlicher Re-Brandings - nicht viel geändert. Über den Sport und die Filmverwertung hinaus hat das ehemalige Premiere immer noch keine inhaltlichen Eigenkreationen, die ihn auszeichnen. Und auch im neuen Sky Welt-Paket tummeln sich vornehmlich Pay-TV-Sender, deren Dasein primär aus dem planlosen Aufwärmen alter Film- und Serienkamellen besteht und die im Grunde nur bei exklusiven Serienausstrahlungen etwas wie Relevanz besitzen. (Ich nenne mal u.a. RTLcrime, SyFy, TNT Serie oder SAT.1 Comedy)

So gesehen ist der Pay-TV-Markt in Deutschland seit 20 Jahren ein fast brach liegendes Feld, das keiner so richtig zu kultivieren weiß. Ob jetzt der neue Sky-CEO Brian Sullivan dazu in der Lage ist, wird sich mittelfristig zeigen. Genug Erfahrung aus England, wo sich Sky als Pay-TV-Plattform schon wunderbar etabliert ist, hätte er auf jeden Fall.
Sein bisheriger Reformansatz zumindest definiert die Exklusivität wieder nach der alten Parole "Vorsprung durch Technologie". HD und 3D sind für ihn momentan die magischen Buchstaben und Zahlen. In Zeiten, in denen die Frage nach HDTV immer mehr Relevanz bekommt, aber die Free-TV-Sender nur zögerlich und sehr divergent mit dem Thema umgehen (siehe HD+ mit all seinen heimlichen Schikanen), kann sich Sky als die Speerspitze bei der barrierefreien Produktion und Verbreitung hochauflösender und dreidimensionaler Inhalte profilieren. Ein kluger Ansatz, wie ich finde, und ein durchaus gutes Kaufargument. Nur schade, dass er hierbei immer noch mit angezogener Handbremse fährt, genauso wie bei seinen weiteren Ansätzen wie z.B. das Sport-App fürs iPad zum Beispiel. So schön diese Spielerei auch ist, es schafft nicht wirklich Neukunden, die das Unternehmen ja so dringend braucht. Kurzum: Mister Sullivan hat zwar das Richtige im Auge und einige vielversprechende Ansätze in seinem Kopf, schafft es aber noch nicht, sie in eine lukrative Form zu gießen.

Daher habe ich zum Schluss ein paar Vorschläge bzw. Denkanstöße für Herrn Sullivan und seine Sky-Reform zusammengetragen:


1. Arbeiten Sie an der inhaltlichen Exklusivität. Fokussieren Sie noch mehr Ihren Content und trauen Sie sich endlich an eigene Fiction. Es muss ja nicht gleich HBO-Niveau sein, aber solche Produkte haben so viel Identifikationspotential, dass es eine Schande ist, das ungenutzt zu lassen. Gerade jetzt, wo der Seriennachschub aus Amerika einbricht und man kaum Verwertbares für den deutschen Markt findet.

2. Ändern Sie die Paket-/Preispolitik. Machen sie Sky Welt - wenn sie an der jetzigen Form noch hängen - zu einem Paket wie jedes andere. Damit entfernen Sie gerade für die speziellen Zielgruppen (Sport-Fans und Cineasten), die sich wirklich für ihre Premium-Pakete interessieren, aber auf den ganzen Senderschmarrn bei Sky Welt verzichten können, eine große Hemmschwelle.

3. Lancieren Sie den HD-Content. Er ist zweifelsohne im Moment das beste Argument für ein Sky-Abo, also machen Sie zu Ihrer Trumpfkarte. Was spräche z.B. gegen ein eigenständiges HD-Paket, das man unabhängig von den anderen Premium-Paketen buchen könnte? Für die Menschen, die ihr Heim HD-tauglich getrimmt haben, aber (noch) nicht gewillt sind, 60€ im Monat zu zahlen, um in den Genuss all Ihrer HD-Sender zu kommen, ist das doch der perfekte Einstieg in ihr Angebot.

4. Wenn Sie schon die technikaffinen Leute ansprechen wollen und auf Multi-Channel setzen, müssen Sie auch entsprechende Geschäftsmodelle entwickeln. Sachen wie das Sport-App sind völlig sinnfrei, wenn Sie die nur als "Goodies" zum bestehenden Abo anbieten. Das schafft keine Attraktion, weil die potentiellen iPad-Nutzer wissen, dass sie erst einmal über 30€ im Monat für etwas Anderes ausgeben müssen, was Sie u.U. gar nicht haben wollen.
Gleiches gilt für Streaming-Angebote. Sie haben zwar bereits eine kleine (sogar kostenlose) Mediathek und mit Sky Select Internet TV sogar schon so etwas wie ein individuelles Downloadportal. Bislang wird beides allerdings stiefmütterlicher behandelt als die Mediathek der ARD. Zumindest erweckt die Aufmachung im Internet diesen Eindruck.
Nutzen Sie das doch endlich mal bewusst als Lockmittel und als zusätzliche Einnahmequelle, ganz unabhängig von irgendeinem Abo. Ich weiß, Premiere FLEX war jetzt nicht so der Burner, aber mit dem richtigen Konzept und vor allem der richtigen Preispolitik ist diese selektive Nutzung ein Bereich mit unglaublich viel Attraktion.
Und wenn Sie das nicht selber groß aufbauen wollen, gibt es im äußersten Notfall schon etablierte Portale wie XBoxLIVE oder Maxdome, denen Sie sich anschließen können.


Denken Sie mal über all das nach, Mister Sullivan. Und wenn Sie eine der Ideen gut finden, können Sie mir im Sommer, wenn ich mit meinem Studium fertig bin, ein Stellenangebot aus der Programmabteilung schicken. Ich helfe Ihnen dann gerne bei der Umsetzung. ^^

Montag, 6. Dezember 2010

What's your nick, Jogi?

Ich musste gerade kurz an die WM zurückdenken. Da hat ja beim ZDF dieser sonst überflüssige Fan-Reporter mal eine durchaus interessante Umfrage gestartet. Es ging darum, was für einen offiziellen Spitznamen die deutsche Nationalmannschaft haben sollte. Alle anderen großen Fußballnationen hätten so etwas schließlich auch. Bei Brasilien redet man nur von der Selecao, bei den Niederländern von den Oranjes, bei Argentinien von den Gauchos oder den Albiceleste und die Franzosen sind als Équipe oder Les Bleues in aller Fußballmunde. Nur bei uns tut man sich da schwer. DFB-Elf ist bislang das Höchstmaß an Kreativität. Das muss sich dringend ändern.

Favorit war damals in der Umfrage "Die Adler", was ich persönlich sehr schön und passend finde. Jetzt ginge es nur darum, diesen Ausdruck in Fußballkreisen zu etablieren. Ich fordere daher alle Sportkommentatoren und -journalisten dazu auf, von nun an regelmäßig diesen Ausdruck in Verbindung mit unserer Nationalmannschaft zu verwenden. Wenn da alle konsequent mitziehen (und am Ende vielleicht auch die BILD auf den Geschmack kommt), haben wir bald unseren Spitznamen und die Fachpresse aus aller Welt wird von nun an nur noch ehrwürdig von den "Adlern" sprechen, wenn Jogis Jungs mal wieder einen Gegner plattmachen.

Sonntag, 5. Dezember 2010

Quo vadis "Wetten, dass..?"

Ach ja, wie immer nach medienträchtigen Tragödien beginnt sofort die Fragerei nach dem Warum und den Konsequenzen. Und überall schmeißen die Leute bei ihren Kommentaren mit Polemik und Extremmeinungen um sich, machen aus der Sache gleich wieder eine Grundsatzdebatte über öffentlich-rechtliches Fernsehen.
Ok, es wäre überheblich, wenn ich mich mit meinen Beiträgen da ausklammern würde, aber wer zu dem gestrigen Vorfall nichts Besseres dazu sagen kann außer "Schluss mit Wetten, dass..?" oder "Gottschalk ist an allem Schuld", der soll lieber ruhig sein.
Versuchen wir doch bitte, das Ganze mal nicht hitzig und pauschal zu diskutieren, sondern gelassen und objektgebunden.

Blicken wir erst einmal auf die vielen Warums, die sich durch den Unfall aufgetürmt haben. Warum wurde diese Wette so angenommen und durchgeführt? Warum mussten es fünf Autos sein? Warum der Salto? Hätte ein normaler Sprung nicht gereicht? Warum hat das ZDF nicht auf eine Entschärfung der Wettbedingungen gedrängt, gerade unter dem Aspekt, dass die Proben nicht optimal verlaufen sind?
Nun, man vergisst glaube ich im Moment ein bisschen, dass es bei so einer Sache immer zwei Seiten gibt. Es ist ja nicht so, dass die ZDF-Redakteure sich irgendwelche waghalsigen Wetten ausdenken und dann zu jemandem sagen "Mach mal". Der Vorschlag für diese Wette kam, wie bei jeder anderen, von Samuel selbst, einem erfahrenen Kunstturner und Stuntman, der also genau wusste, was er da anbietet.
Genauso wenig kann man dem ZDF vorwerfen, dass sie nicht die Machbarkeit ihrer Wetten überprüfen. Alles, was als Wette über den Äther geht, wird vorher etliche Male durchexerziert, damit der Sender erkennt, ob der Kandidat nur prahlt oder ob er seine Wette tatsächlich beherrscht. Und soweit man den Mitteilungen glauben kann, hat Samuels Wette in dieser Form abgesehen von den zwei Stürzen immer funktioniert. Der Vorwurf der Fahrlässigkeit gegenüber den Machern ist daher ein zweischneidiges Schwert. Natürlich hätte man Samuel aufgrund der Erfahrung bei den Proben vielleicht vorschlagen können, das Ganze auf vier Autos zu reduzieren oder zumindest die Zeitvorgabe wegzulassen. Aber wenn der Kandidat selber dieses Risiko eingehen will und aus genug Selbstsicherheit heraus eine Entschärfung ablehnt, wieso sollte man als Veranstalter dann noch groß widersprechen? Wie gesagt, Samuel war ja nicht irgendein Hobbyhüpfer, er konnte sich selbst mit Sicherheit gut genug einschätzen. Eine generelle Verurteilung der Macher ist daher für mich völlig übertrieben.
Außerdem sollte man bedenken: Bei "Wetten, dass..?" gab es nie so etwas wie eine Gewinngarantie. Das vergisst man bezüglich dieses Formats im Moment auch gerne. Bei der Show geht es nicht nur darum, wer den spektakulärsten Sieg einfährt oder die beste bzw. lustigste Performance ablegt. Jede Wette ist ergebnisoffen angelegt und kann während der Live-Situation jederzeit in die Hose gehen, egal wie erfolgreich man vorher geprobt hat. Diese Wetten leben von der potentiellen Gefahr des Scheiterns, das ist das Grundprinzip dieses Formats.
Wenn alles gut gegangen wäre, hätten alle euphorisch gejubelt und Samuel wäre am Ende bestimmt Wettkönig geworden. Nun ist es anders gelaufen und die Wette ist verloren gegangen. Das ist nicht das erste Mal in der Geschichte dieser Sendung. Im Grunde ist es nur die Härte der Niederlage, die alle momentan so schockiert. Dass ein junger Mann für seine 15 Minuten Ruhm möglicherweise einen sehr hohen Preis zahlt. Muss man deswegen jetzt den ZDF und diese Show verteufeln? Ich sage Nein. Thomas Gottschalk und seinem Team kann man nicht mehr vorwerfen als jedem anderen Beteiligten. Diese Wette ist einfach dumm gelaufen, so blöd das klingen mag.

Darum kann ich auch niemanden verstehen, der sich jetzt künstlich aufregt und meint, solch eine gefährliche Wette ist nur deshalb angenommen worden, weil Wetten, dass..? krampfhaft versucht, nicht gegen RTL abzustinken.
Hallo? Selbstverständlich schaut auch ein Sender wie das ZDF auf seine Quotenratings.
Selbstverständlich muss das ZDF feststellen, dass die Quoten ihres Flaggschiffs seit dem Moment am Sinken sind, als RTL den Respekt abgelegt hat und nicht mehr Gottschalk zuliebe eine Ausstrahlungspause bei DSDS, dem Supertalent oder dem Dschungelcamp macht.
Selbstverständlich stellt man sich seitdem beim ZDF die Frage, warum gerade das junge Publikum immer mehr fernbleibt. Schließlich versteht man diese Show immer noch als Familienunterhaltung, als den letzten Leuchtturm im dunklen Fernsehmeer, der er noch schafft, alle Generationen vor dem Fernseher zu versammeln.
Und selbstverständlich kommt dann das ZDF, wenn es ganz logisch denkt, auf nur zwei mögliche Ursachen für den Schwund: Entweder fehlt es den Zuschauern an Glamour oder die Wetten sind zu langweilig.

Beides spielt gewiss irgendwie eine Rolle. Man kann nicht von der Hand weisen, dass die Show zeitweise zu einem reinen Promo-Hopping für die Stars verkam, wo jemand wie Angelina Jolie schon nach einer Stunde wieder abhaute, um "ihren Flieger zu erwischen". Ich wage aber zu bezweifeln, dass das wirklich so störend für das Publikum war, dass darunter die Quote litt. Keine andere Show in Deutschland kann schließlich eine so hochwertige Gästeliste vorweisen. Das ist seit je her bei "Wetten, dass...?" der ultimative Pluspunkt und macht finde ich noch immer einen Großteil des heutigen Erfolgs aus. (Und lieber zahle ich GEZ-Gebühren für einen überteuerten Besuch von Cameron Diaz als für einen Auftritt von Busty Heart.)
Bleiben also nur, ganz logisch, die Wetten als das Problemkind bzw. als die Baustelle, an der man arbeiten könnte. Aber wie? Von Seiten des Senders hat man ja erst einmal generell keinen Einfluss. Man muss mit dem arbeiten, was man angeboten bekommt. Das Einzige, was man höchstens machen kann, ist, die eingehenden Vorschläge anders zu filtern, und in dem Zusammenhang ist nichts Verwerfliches dran, wenn ein altehrwürdiges Format wie dieses versucht, mehr mit der Zeit zu gehen. Und so sehr manche es auch verteufeln mögen: "Mit der Zeit gehen" bedeutet nun mal heutzutage anscheinend mehr Spektakel und Kurzweil. RTL macht das - leider Gottes - mustergültig vor.
Dass der ZDF deshalb einen so spektakulären Wettvorschlag wie den von Samuel gerne annimmt, ist vollkommen nachvollziehbar. Aber selbstverständlich muss die Frage erlaubt sein, wie weit der ZDF als öffentlich-rechtliche Einrichtung und wie weit "Wetten, dass..?" als Familiensendung diese Anbiederung an den medialen Zeitgeist nötig hat. Oder anders gesagt: Würde man die Sendung wirklich weniger lieben, wenn sie nicht mehr bei Jung und Alt die Nummer 1 am Samstagabend ist? Ich finde, wenn bei ihr weiterhin eine massentaugliche Unterhaltung mit hohem Star-Faktor geboten wird, bei der man sich nicht fremdschämen muss und die nicht auf Kosten der Kandidaten geht (sowohl hinsichtlich ihrer Gesundheit als auch ihrer Persönlichkeit und Privatsphäre), dann hat sie meiner Meinung nach ihre Daseinberechtigung mehr denn je. Da sollte es doch letzten Endes sekundär sein, wenn das nicht mehr 10 Millionen Menschen gefällt, sondern nur noch 7 oder 8 Millionen.

Was für Konsequenzen müssen also letzten Endes aus dem gestrigen Abend gezogen werden? Schwer zu sagen. Ein Anlass zum Nachdenken sollte der Vorfall definitiv sein. Immerhin haben sie auch eine ganze Winterpause lang Zeit dafür. Eine Absetzung oder Ähnliches wäre auf jeden Fall kompletter Blödsinn. The show must go on. Wie, das wird sich zeigen...



P.S.: Bevor mir hier zu großer Zynismus vorgeworfen wird: Natürlich wünsche ich Samuel alles erdenklich Gute und hoffe, dass er sich schnell wieder erholt.

Samstag, 4. Dezember 2010

Der Fernseh-Moment 2010

Es sind die Momente im Fernsehen, die die wahre Größe und Qualität eines Moderators, eines Studioregisseurs, eines Senders herauskehren lassen: Die Momente, in denen der Worst Case eintritt und du sein Ausstrahlen nicht verhindern kannst, da die Kameras live auf Sendung sind.

Sie sind Gott sei Dank selten, aber in gewissen Situationen muss man im Fernsehen immer damit rechnen. Und du musst im Falle eines Falles in Sekunden oder wenigen Minuten entscheiden, wie du damit umgehst.

Erinnern wir uns zurück an die April-Ausgabe von "Schlag den Raab", an das legendäre Mountainbike-Spiel. Raab selbst verschätzt sich, stürzt vornüber und küsst mit seinem Gesicht über mehrere Meter den Erdboden, bleibt für einen Moment bewusstlos liegen.
Was sehen wir? Für mehrere Minuten nur eine ferne Aufnahme vom Kamerakran und den ruhigen Kommentar von Frank Buschmann. Und später für Raab selbst eine einmalige Wiederholung der Szene. Keine Aufgeregtheit, keine Hascherei nach Nahaufnahmen, sondern eine respektvolle Distanz. Das hat Hochachtung verdient.

Heute musste man einen solchen Moment bei "Wetten, dass...?" erleben, und das gleich bei der allerersten Wette nach gut 20 Minuten Sendezeit. Wieder ein Sturz, nur diesmal in wesentlich heftigerer Dimension. Der wahre Unterhaltungs-SuperGAU, wie ihn Thomas Gottschalk in seinen 23 Dienstjahren noch nie erlebt hat, obwohl die Wetten teilweise noch krasser und gefährlicher waren. Schockierte Promis, ein schockiertes Publikum.
Was tun? Erst einmal das Nottape rein und dann nach einer guten halben Stunde kam die alles entscheidende Ansprache. Das ZDF und Thomas Gottschalk beenden nach nicht ganz einer Stunde vorzeitig die Sendung. Zum ersten Mal in der Geschichte dieses Formats. Zitat Gottschalk: "Gerade wir im ZDF fühlen uns verantwortlich, hier nicht auf heiter zu machen, wenn wir gar nicht heiter sind."

Ich kann nur sagen: Respekt. Diese Entscheidung hat wirklich meinen größten Respekt. Das Format bewahrt seine Würde und hat die Eier, an dieser Stelle der Unterhaltung zu entsagen, trotz all der Wetten und Promis, die noch im Köcher lagen und die von der Ankündigung her wirklich erstklassig waren. Das ist wirklich ein denkwürdiger Fernsehmoment, so kurz es auch letzten Endes war.

Freitag, 3. Dezember 2010

Familien im Brennpunkt war gestern

Wenn RTL 2 schon nicht in der Lage ist, ordentliches Fernsehen ohne Fremdscham zu machen, warum sollen sie dann nicht gezielt den Untergang des medialen Abendlandes vorantreiben? Nachdem es mit Big Brother und dem Frauentausch schon so gut geklappt hat, wird nun vor allem ein Format für eine neue Generation von Unterschichtenfernsehen sorgen: die "X-Diaries".

Wer bislang noch nicht reingeschaut hat: Strukturell ist "X-Diaries" im Grunde "Familien im Brennpunkt im Urlaub", sprich inhaltlich gibt es den gleichen gescripteten Dramakram wie immer, nur diesmal ist alles vor die malerische Kulisse beliebter Prollferienorte gepackt wie Ibiza, Lloret de Mar oder der Goldstrand von Bulgarien. Eine Waaaaahnsinnsrevolution.
Und da RTL 2 nie genug hat und krampfhaft versucht, für seine Belanglosigkeiten Aufmerksamkeit zu schaffen, hat man nun etwas noch Revolutionäreres gemacht. Man hat "das Beste" aus der Vorabendreihe zu mehreren zweistündigen Specials zusammengeschnipselt, die nun montags - halten Sie sich fest - in der Primetime
laufen. *schock*

OMG! Eine Scripted Reality-Reihe im Abendprogramm!! Ein Sakrileg!!!


Man kann doch als Privatsender nicht einfach versuchen, etwas Kosteneffizientes im Abendprogramm zu etablieren, das am Nachmittag funktioniert und teilweise jeden Dritten vor der Glotze hält. Das geht doch nicht. Abends schaut der Deutsche an sich schließlich nur hochwertige Fiktion und seriös aufbereitetes Dokutainment. *hüstel*

Was mich aber im Grunde viel mehr an der Sache wundert, sind die Reaktionen auf die Quoten. (Kurz die Fakten: Es waren 3,1% beim Gesamtpublikum und 6,5% in der Zielgruppe, sprich etwa auf Senderschnittniveau.) Auf allen Medienseiten nur positive Reaktionen, die wie eine Mischung aus Überrachung und Euphorie daherkommen. Man könnte glauben, dieses "X-Diaries spezial" wirklich Marktanteile auf Nachmittagsniveau erreicht.
Was soll uns das bitte sagen? Hat man sich mehr oder weniger jetzt schon damit abgefunden? War es für die "Experten" nur eine Frage der Zeit, bis die Scripted Reality aufgrund ihrer Machart auch im Abendprogramm vorkommt? Und dort zumindest keine Bauchlandung hinlegt? Na vielen Dank.
Wobei, was rede ich eigentlich? Die Scripted Reality hat die Primetime bereits fest im Griff. Man muss sich ja nur eine Episode "Bauer sucht Frau" oder "Germany's next topmodel" anschauen. Wenn dieser ganze Zirkus nun in Zukunft zu 100% gescriptet ist, würde es denke ich kaum jemandem auffallen.

Freuen wir uns also auf die Zukunft und auf viele weitere Primetime-Scripted-Realities, die die ohnehin schon nicht mehr ernst zu nehmenden Formate wie Schwigertochter gesucht & Co. ablösen und die gerade bei den Privaten die wiedererstarkte Serienfiction endgültig vernichten werden.