Freitag, 24. März 2006

Musikvideos - Eine stichprobenartige, medienwissenschaftliche Untersuchung des visuellen Ausdrucks moderner Popkultur; Heute: "Mann gegen Mann"

"Skandalvideos", das wissen wir alle, sollen nichts weiter tun als Aufmerksamkeit zu erregen. Die kleinen, eher unbekannten Lichter der Musikbranche erhoffen sich schlichtweg, dadurch einen so hohen Bekanntheitsgrad zu erreichen, dass es für eine gute Positionierung in den Charts ausreicht. Welcher Hahn hätte zum Beispiel nach Eric Prydz und "Call on me" gekräht, wenn der junge VIVA-PLUS-Zuschauer bei der Wahl dieses Videos nicht mit einer erregenden Aerobic-Session belohnt worden wäre?


Lassen sich etablierte Künstler jedoch dazu hinreißen, kann das zwei Gründe haben:


1. Der Inhalt des Songs lässt einem praktisch keine andere Wahl


2. Das betroffene Lied ist nur Mittelmaß (ggf. auch die Karriere des Interpreten und soll durch den Schock- und/oder Geilheitseffekt künstlich aufgepeppt werden.


Der Normalfall ist wohl Fall 2, denn er bietet Beispiele in Hülle und Fülle. ("Spiegel" von TicTacToe, Scooters Songs vom "Weekend!"- Album, 90% aller amerikanischen Rapsongs...)


Bei unserem speziellen Beispiel Rammstein könnte im Grunde beides stimmen. Der Text zu "Mann gegen Mann" schreit geradezu nach einer homoerotischen Note im Video. Allerdings ist das Lied genau wie das ganze Album "Rosenrot" im internen Qualitätsvergleich eher dem Mittelfeld zuzuordnen und auch kein langlebiger Kassenknüller.


Letzten Endes ist es auch egal, was die Gruppe zu diesem Video geritten hat, an dem Produkt kann man jetzt leider Gottes nichts mehr ändern.


Ich gebe zu, eine gewisse Ästhetik und technische Finesse kann man dem Video nicht abschreiben. Rund 20 nackte Bodybuilder aller Hautfarben feucht und verschwitzt in Großaufnahme zu filmen, ohne dass dabei einmal ein Geschlechtsteil versehentlich aufblitzt, war bestimmt kein Zuckerschlecken für den Regisseur. Am Ende jedoch, wenn sich die feuchte Homo-Fantasie in eine ölige Schlammschlacht samt Sakrileg verwandelt, ist an diesem Video nichts mehr skandalös, sondern vieles bescheuert und überzogen. Wehmütig muss ich dann an die Videos zu "Ich will" und "Amerika" zurückdenken, in denen die gleiche Gruppe mit einer nicht zu toppenden Süffisanz ihre musikalischen Hiebe ausgeteilt hat.


Skandal hin oder her, wenn es einer zu gut meint, ist das genauso schlecht.

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