Donnerstag, 15. November 2012

Lanz, Raab, Blind Auditions - Der turbulente Fernsehherbst

Kommen wir heute mal zu den zwei Sendungen, die das Fernsehvolk in den letzten Wochen am meisten beschäftigt hat: Das "Wetten, dass...?" unter Markus Lanz und "Absolute Mehrheit", der neue Coup von Stefan Raab.

Zu "Wetten, dass...?" kann ich für meinen Teil ein großes Kompliment aussprechen. Lanz hat auf Anhieb der Veranstaltung einen neuen Stil verpasst. Die Show ist nun zweifelsohne lauter, schneller und chaotischer als vorher und es verlangt auch von den prominenten Gästen mehr ab als nur brav auf der Couch zu sitzen, bis der Flieger geht, aber daran ist nichts Verwerfliches. Lange Atempausen sind bei einer modernen Samstagabendshow einfach nicht mehr drin. Du musst von der ersten Minute Vollgas geben. Das haben die Macher beim ZDF auf jeden Fall erkannt, doch im Moment schießen sie noch etwas übers Ziel hinaus.
Bei der Premiere hatte Lanz klare Anlaufschwierigkeiten, aber er hatte dankbare Gäste, die mit ihrer Lockerheit die Situation entlastet haben. Für die zweite Show hat man sich die Kritik eindeutig zu Herzen genommen und hat an vielen Ecken den Feinschliff angelegt. Leider wurde die Show im Nachhinein von mehreren Pannen überschattet, die scheinbar während der Produktion gemacht wurden, aber beim Zusehen selbst war von all dem nichts zu spüren. Tom Hanks nahm die Situation wie ein Vollprofi und war für mich das Highlight der Show. Lanz selbst war an dem Abend etwas zu geltungssüchtig und hat ausgerechnet bei den Fragerunden Schwächen gezeigt. Weniger Profilierung steht ihm eindeutig besser zu Gesicht. Das ist eigentlich seine größte Stärke im Vergleich zu Gottschalk. Hoffentlich wird er das in der Dezember-Ausgabe wieder ausbügeln.
Zusammengefasst kann ich also sagen: Hut ab, bitte weiter so! Die Sendung entwickelt sich in eine gute Richtung und hat auf jeden Fall einen zweiten Frühling verdient. Es braucht vielleicht noch ein paar Sendungen, bis sie wieder das rechte Maß findet, aber diese Zeit sollten wir dieser Show geben. Das gilt vor allem für die ungeduldig-aufgeheizten Presseleute, die sich ungefiltert auf jede negative Kleinigkeit stürzen, um damit die Sendung zu zerreißen.

Kommen wir nun zu dem anderen Love-it-or-hate-it-Format der letzten Wochen: "Absolute Mehrheit". Was wurde da im Vorfeld über das Konzept gewettert. Der Raab macht den Jauch; das hat doch nichts mehr mit politischer Diskussion zu tun. Und dann noch dieser Ansporn mit dem Geldgewinn; da siegen am Ende nur die Leute, die nur Polemik können und keinen Sachverstand haben. 
Am Ende, so die Feststellung am Sonntag, wurde in der Sendung auch nur mit Wasser gekocht. Persönlichkeiten wie Jan van Aken haben es in dieser Runde gewiss einfacher und Kubicki hatte wahrscheinlich ein paar Vorschusslorbeeren durch seinen Auftritt bei der heute-Show, aber wer jetzt dachte, dass bei Raab die Leute zielgruppenaffin auf Stammtischniveau diskutieren, wurde enttäuscht. Das polemischste an der Sendung waren die wirklich gut gemachten Einspieler, mit denen die Themen eingeleitet wurden. Der Rest war lockerer Polit-Talk von der Stange. Wer sich jetzt im Nachhinein beschwert, dass die Gespräche nicht in die Tiefe gegangen sind, hat das Konzept nicht verstanden. Bei Raab geht es nicht darum, ein Thema totzureden, sondern eine lebhafte Debatte über gesellschaftspolitische Themen zu führen. Mit der richtigen Themenauswahl kann man auch junge Leute für solche eine Sendung begeistern. Das hat Raab eindeutig bewiesen.
Einen großen Kritikpunkt hab ich allerdings an der Sendung, und das ist Peter Limbourg, der seriöse Konterpart zu Raab. Seine Rolle in dem Spektakel blieb erschreckend irrelevant. Für die Balkenpräsentation kann ich mich auch hinstellen, dafür braucht man nicht den Senior Vice Presiedent News Whatever von der ProSiebenSAT.1 Media AG. Aber gut, auch hier hoffe ich, dass man sich die Kritik zu Herzen nimmt und in den nächsten Sendungen daran feilen wird. Auf jeden Fall freue ich mich auf die nächste Debatte, genauso wie auf die nächsten Battles von "The Voice of Germany" heute Abend. (Applaus für diese Wahnsinnsüberleitung ^^)

Im Moment sind ja meine Donnerstag- und Freitagabende wieder fest an "The Voice of Germany" vergeben und es freut, dass diese Sendung weiterhin so hohen Zuspruch hat. All die Unkenrufe, dass das Castingshow-Genre inzwischen tot ist, sind damit widerlegt. Es hat nur lediglich seinen Zenit überschritten und ist im Moment am schrittweisen Aussterben. Aber ihr Medienmenschen, liebe Kollegen, lasst euch sagen:  So ist es schon vielen Gernes vorher ergangen.
Am Ende ist es wie bei jedem ordentlichen Hype. Ein bis zwei maßgebliche Instanzen werden das ganze Geschrei überleben. So war es zumindest bei nahezu jedem gehypten Genre der letzten 20 Jahre.

Daily Talk: Britt
Courtshow: Barbara Salesch, Alexander Hold
Quizshow: Wer wird Millionär?
Telenovela: Sturm der Liebe, Rote Rosen

Wenn sich im Bereich Musik-Casting etwas durchsetzen sollte, den abschwellenden Hype überleben könnte, dann ist es hoffentlich "The Voice", nicht dessen Urväter DSDS und Popstars. Wann das Genre Scripted Reality seinen Zenit erreichen, überschreiten und wieder aussterben wird, darüber darf nun jeder spekulieren. :)

1 Kommentar:

  1. Also zum Thema "Absolute Mehrheit"
    ich habs mir angeschaut - was mir nicht gefallen hat waren diese ewigen Unterbrechungen Raabs wenn er zu dieser erwähnten Balkeneinsicht ging. 8 min Diskussion und dann 3 min Auswertung. Sorry!

    "Ok" fände ich es wenn die Zwischenauswertung entfallen würde und nach jedem Abschnitt die Ergebnisse dargestellt werden - und da darf der Herr Raab natürlich gerne auch auf dem Sofa sitzen bleiben.

    Die Einspieler waren super - der Rest wird hoffentlich besser.

    Und Tom Hanks tat mir richtig leid ^^

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