Montag, 11. Mai 2009

Die große Eurovision Song Contest-Analyse der Großen Vier und des Gastgebers


Bevor morgen das 1. Halbfinale endlich losgeht, darf natürlich nicht der Blick auf die fünf Nationen fehlen, die schon fürs Finale gesetzt sind. Beginnen wir beim Gastgeber

Russland: Eine sehr emotional vorgetragene Nummer, die richtig schön an der russischen Seele rühren wird. Das wird die ganzen GUS-Staaten, vor allem die Ukraine, wieder brav anrufen lassen. Mir persönlich ist es aber etwas zu viel Drama und melodisch nicht wirklich berührend. Da kann sie das Lied noch so oft ihrer kranken Mutter widmen.

Großbritannien: Jaja, die Briten. Wer meint, dass wir als Grande Nation in den letzten Jahren beim Contest gebeutelt wurden, sollte sich mal deren Ergebnisse anschauen. Okay, manchmal waren sie verdient, manchmal aber auch wirklich ungerecht. Da bleibt für ein so ESC-verrücktes Land als letzter Schritt nur die Hilfe von ganz oben: Vom Andrew, dem Lloyd, dem Webber! Heraus kam eine wunderbar gehaltvolle Ballade, die der - ähnlich wie Oscar Loya - völlig unbekannten Jade Ewen wie auf den Leib geschrieben wirkt. Dass man dabei Andrews Hang zum Musical gerade an den Lyrics mehr als deutlich erkennt, stört in keiner Weise, sondern gibt dem Ganzen wahre Tiefe. Ein meiner Meinung nach heißer Kandidat für viele Jury-Punkte, ebenso wie

Frankreich: Während Jade Ewen und Oscar ihre Karrieren evtl. noch vor sich haben, hat Patricia Kaas schon eine lange hinter sich. Diese Erfahrung spürt man an der Dame zu jeder Sekunde. Ihr Lied, ein Chanson der ganz alten Schule, erfreut mich durch seine Unaufgeregtheit, seine gleichzeitige Ruhe und Intensität, die durch Patricias Performance noch einmal um ein Vielfaches verstärkt wird. Diese Mischung ist dieses Jahr einmalig beim Contest, was ich anfangs zugegebenermaßen als problematisch angesehen habe. Inzwischen aber sehe ich darin den größten Pluspunkt des Liedes, vielleicht sogar entscheidende. Und wenn man den Probenberichten aus Moskau Glauben schenken kann, kommen auch die Menschen vor Ort immer mehr auf den Geschmack. Jede Jury, die also diesem Lied keine Punkte gibt, hat auf jeden Fall keine Ahnung von Musik (das will ich auch unserem deutschen Quintett geraten haben). Wie weit nun die Zuschauer mitspielen und sich einfangen lassen, bleibt abzuwarten. Ich hoffe das Beste.

Spanien: Erfolgstechnisch sind die Spanier auch nichts gerade erfolgsverwöhnt in den letzten Jahren. Gut, es gibt wahrscheinlich kaum ein westeuropäisches Land, das nach außen hin musikalisch so determiniert ist wie Spanien. Daher wollte man dieses Jahr scheinbar so unspanisch wie möglich rüberkommen und präsentiert einen wilden Stil- und Sprachmix, der trotzdem nicht seine Wurzeln verrät. (Man achte auf die Gitarre ^^) Präsentiert wird das Ganze darüber hinaus von einer unspanisch-blass-blonden Sängerin, die alles mit viel Bewegung zu kompensieren versucht. Kurzum: seeehr bemüht. Da will ich 2010 lieber wieder richtige Spanier scheitern sehen.

Deutschland: Last but not least unser eigenes Produkt. Tja, ganz ehrlich: Mir gefällt's. Das Lied hat Schmiss, hat Beat, hat Groove und hat dank seiner Swing-Note keinen abgedroschenen Schwulendiskocharme wie manch anderer Beitrag, auch wenn es mich live bisher nur zu 90 Prozent überzeugt hat. Aber Alex Christensen und seiner tollen Plattenfirma sei Dank wird das ganze in Moskau in ein sinnvolles Showpaket geschnürt, mit Dita von Theese als Schleife obendrauf. :-) Klar kann man jetzt unken, dass diese Nummer mit Dita ein bisschen vom russischen Siegertitel des letzten Jahres abgekupfert ist, aber mein Gott, scheiß doch drauf. Was die anderen können, können wir doch schon lange, und im Normalfall sogar besser. Die Chancen, endlich mal wieder einen zufrieden stellenden Platz zu erreichen, sind auf jeden Fall dieses Jahr so gut wie nie.

Das gilt auch für die anderen der Großen Vier. Oder zumindest für Frankreich und Großbritannien. Man kann ihnen auf jeden Fall Respekt zollen, dass sie nicht frustriert den Kopf in den Sand stecken, sondern dieses Jahr mehr denn je angreifen. Ich bete daher zum Himmel, dass dieses Jahr die Wende kommt und uns allen gute Plätze beschert werden, damit das Gerede ein Ende hat und man sich endlich wieder auf den ESC freuen kann.

1 Kommentar:

  1. Für mich gab es auch zwei riesige Entdeckungen bei diesem Grand Prix: Neben Alexander Rybak aus Norwegen war das ganz klar Jade Ewen aus Großbritannien:

    http://dominikhennig.blogspot.com/2009/05/rule-britannia.html

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