Sonntag, 30. Mai 2010

Der gesharte Moment

So langsam verschwindet zumindest der Kater. :-) Die Ungläubigkeit über das, was gestern Abend passiert ist, wird aber erst einmal noch bleiben.
Ich gebe zu, ich habe wirklich geweint vor Freude, als irgendwann das letzte Land seine Punkte verteilt hat und ganz oben links in der Tabelle immer noch groß Germany stand. Es war ein erlösendes Weinen nach einer halbstündigen Paralyse, die mich während der Punktevergabe ergriffen hat. Wirklich diese Ungläubigkeit, dass das passiert, dass die kleine Lena Mayer-Landrut nicht nur ganz Deutschland und Norwegen, sondern auch den Rest Europas offensichtlich in ihren Bann gezogen hat.
Schon davor bei Lenas Auftritt war ich fertig mit der Welt. In Gebetshaltung und am ganzen Körper schwitzend habe ich während jeder Silbe gelitten, gehofft, gebangt, habe mit jedem Takt ihr die Daumen gedrückt, dass die Töne sitzen, dass sie nicht auf Gracia macht und plötzlich vor lauter Nervosität einbricht. Aber es lief alles gut. Es wurde ein rundum souveräner Auftritt, der die Leute in der Halle maßlos begeistert hat.
An dem Punkt dachte ich: Okay, wir haben unsere Hausaufgaben gemacht, Lena kann stolz auf sich sein und wir können es auch sein, ganz unabhängig davon, wo sie landet. Das dicke Ende, das dann kam, hat alles übertroffen, was ich erwartet habe. Ich war nur noch fassungslos glücklich und habe vor Freude ein ganze Tempo-Packung verheult. ^^

Aber selbst ohne Lena-Brille muss man sagen, dass es ein ordentliches und denkwürdiges Finale war. (Denkwürdig leider vor allem wegen dieses A****fi****s, der Spaniens Auftritt gestört hat) Das Feld war sehr ausgewogen und man kann keinem Land (außer Russland natürlich) große Schwächen vorwerfen. Der enge Abstand zwischen Platz 2 und 9 zeigt das sehr schön. Im Großen und Ganzen muss ich allerdings sagen, dass mich viele Platzierungen durchaus überraschen.
Im Vergleich zum Vorjahr, wo ich wirklich mit jedem Land in den Top10 vollends leben konnte, überwiegen dieses Jahr eher die "War abzusehen" - [Aserbaidschan, Dänemark, Rumänien (!) ^^, Armenien, Griechenland, Georgien] und "Och nö"-Momente [Türkei, Ukraine]. Lediglich Belgien hat seinen sechsten Platz mehr als verdient. Zeitweise sah es ja sogar so aus als wäre Tom Dice Lenas schärfster Konkurrent, und ganz ehrlich: Wenn Tom Dice uns geschlagen hätte, hätte ich genauso gejubelt wie für Lena, denn dann hätten sich zwei grandiose Songs an die Spitze gesetzt, die beide musikalisch und nicht mit irgendwelchem visuellem Pomp überzeugt haben.
Das ist ein gutes Zeichen für den Contest und wieder ein Argument für die Jurypunkte. Endlich haben die ständigen Punktediskussionen ein Ende und man kann sich auf die Songs konzentrieren, denn man hat wieder die Gewissheit: Ein gutes Lied braucht keine große Show, um eine angemessene Platzierung zu erreichen.
So gesehen kann man das Scheitern der großen Schmalzballaden nach alter Schule [Norwegen, Irland, Weißrussland] und mancher Eurodance-Nummer [Island, Moldau] ebenfalls als ein Zeichen sehen. Der Contest ist wieder im Popbusiness angekommen. Contest und Charts sind nicht mehr zwei getrennte Welten, von denen jede ihre eigenen Gesetze bezüglich ihrer Musik hat. Und durchschnittliche Songqualität kann nur noch im Ausnahmefällen [Griechenland] mit einer pompösen Inszenierung überdeckt werden. Das alles zusammen verspricht ein gutes Jahrzehnt für den Contest. Freuen wir uns drauf...


Über all dem hinaus freue ich mich aber ganz besonders für all die Zweckoptimisten, die diese Veranstaltung in den für Deutschland harten oder schwächeren Zeiten verteidigt haben und die dem Contest die Treue gehalten haben.
Für jeden passionierten Grantler, der sich gerade in den 2000ern über vorhersehbare Zuschauervotings aus Osteuropa aufgeregt hat, aber deswegen nicht kapituliert hat, sondern immer gedacht hat: "Nach dem Spiel ist vor dem Spiel."
Für jeden, der nach jeder Enttäuschung stets den Blick sehnsüchtig zum NDR gewendet hat, um zu erfahren, was das neue Wundermittel fürs nächste Jahr sein würde.
Für jeden, der schon vor "Unser Star für Oslo" jedes Jahr aufs Neue hundertprozentige Solidarität zu unserem Beitrag bewiesen hat, ganz egal wie er selber die Qualität fand.

Sie alle, die wahren Fans des ESC, zu denen ich mich selber auch zähle, wurden dieses Jahr nach 27 kleineren oder größeren Rückschlägen endlich wieder belohnt. Danke, Europa, für dieses Geschenk!


2 Kommentare:

  1. Und danke für den schönen Abend den wir gestern hatten :-)

    Ev. bis gleich beim Sushi-essen? ;-)

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  2. Hey Rothi,
    ich habs leider nicht gesehen, aber ich fühl mich jetzt so, als wär ic hdabei gewesen, danke für den schönen Bericht!
    Herzlichen Glückwunsch übrigens! Ihr seid Song Contest :D

    LG CHil

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