Freitag, 21. Mai 2010

ESC 2010 - Die Großen Vier und Norwegen

Nur noch das Pfingstwochenende überstehen, dann ist es soweit. Dann kommt das 1. Halbfinale und damit die heiße Phase des Song Contests. *freu* Davor gibt es von mir noch einen letzten kritischen Bllick auf diejenigen, die sich diesen Halbfinalstress nicht geben müssen, sondern erst nächsten Samstag zum Zug kommen, nämlich die Großen Vier und der vorbildliche Gastgeber Norwegen.

1. FRANKREICH - Jessy Matador "Allez, Olla, Olé"

Eine richtig nette Stimmungs-Hymne für die anstehende WM in Südafrika. Für den Contest ist das fast ein wenig zu gefällig, womit sich die Franzosen aber scheinbar zufrieden geben. Zumindest hat man bisher den Eindruck, dass der ESC für unsere Nachbarn und ihren Beitrag dieses Jahr nicht mehr ist als ein Mittel zum Zweck, um besagtes Lied größtmöglich zu promoten.
Schade. Dabei hatte ich solche Hoffnungen, dass der Erfolg von Patricia Kaas in Moskau für eine Wende sorgt und dass die Grande Nation den Wettbewerb wieder motivierter und engagierter entgegentritt. Unter den Voraussetzungen wird es wohl eher nichts mit einer Wiederholung des achten Platzes.

2. SPANIEN - Daniel Diges "Algo pequenito"

Innerhalb der Großen Vier leidete Spanien in den letzten Jahren fast unter der größten Erfolglosigkeit. Alle möglichen Rezepte, mit denen man das europäische Publikum locken wollte, waren in den Wind geschrieben. Lediglich die Nonsens-Nummer "Baila El Chiki Chiki" von 2008 war mit Platz 16 ein kleiner Lichtblick.
Diesmal hat sich das Land zur Abwechslung für etwas Getragenes entschieden, für einen anmutigen Walzer, der musikalisch eine für spanische Verhältnisse völlig andere Richtung einschlägt. Klingt beim ersten Mal richtig befremdlich, ein Fehlgriff ist diese Nummer auf jeden Fall nicht. Ein Platz im Mittelfeld wäre durchaus verdient und erstrebenswert.

3. GROSSBRITANNIEN - Josh Dobovie "That sounds good to me"

Die Briten sind ein sehr stolzes Volk und in Sachen Fandome wohl mit das positiv bekloppteste Land im ESC-Kosmos. Die permanenten Enttäuschungen, die sie seit Jessica Garlicks dritten Platz im Jahr 2002 hinnehmen mussten, haben sie daher nicht mehr auf sich sitzen lassen und haben mit "Your country needs you" im letzten Jahr einen ähnlich ambitionierten Vorentscheid wie "Unser Star für Oslo" ins Leben gerufen. Heraus kam 2009 Jade Ewen, die grandiose Ballade "It's my time" von Andrew Lloyd Webber und ein mehr als verdienter fünfter Platz in Moskau.
Dieses Jahr kam unter den nahezu gleichen Bedingungen kompletter Bullshit heraus: Josh Dubovie, ein glanzloser Sängerknabe, mit der grandiosen Disco-Gurke "That sounds good to me" von Pete Waterman. Eine einzige Enttäuschung, obwohl Josh nicht viel dafür kann. Das Hauptproblem daran ist der Remix. Wären sie bei der Ur-Version geblieben, die beim Vorentscheid verwendet wurde, hätte man dem Lied zumindest ein bisschen was abgewinnen können. Jetzt, nachdem der Song noch einmal durch den Weichspüler gejagt und alle Kanten entfernt wurden, klingt das Lied fast belangloser als der Beitrag aus der Schweiz. Und das will was heißen. :-) Sorry, UK, aber das wird definitiv ein Griff ins Klo.

4. NORWEGEN - Didrik Solli-Tangen "My heart is yours"

Alle Achtung, Didrik ist wirklich ein würdiger Nachfolger für Alexander Rybak. Seine Ballade ist eine vom ganz alten Schlag, eine mit epochaler Größe und gnadenloser Eingängigkeit, die für viel Gänsehaut sorgen wird. Sie war daher auch lange mein Favorit im Teilnehmerfeld. Jetzt muss man fast fürchten, dass diese Größe eher zum Hindernis wird und viele den Song als "zu dick aufgetragen" empfinden werden. Das letzte Jahr hat uns ja gelehrt, dass Natürlichkeit und Musikalität anscheinend wieder Trumpf sind. Wäre echt schade, wenn Norwegen deshalb keine gute Platzierung erhielte.

Tja, dann bleibt nur noch einer übrig.

5. DEUTSCHLAND - Lena Meyer-Landrut "Satellite"

Versuchen wir eine objektive Betrachtung unseres Beitrags. Das Lied hat einen äußerst eingängigen Beat, kantige Lyrics und mit Lenas besonderer Stimme einen echten Wiedererkennungswert. Musikalisch gesehen sind wir also bestens gewappnet und wenn man gewissen Wettburös und Google glaubt, kommt dieser Stil nicht nur hierzulande gut an.
Trotz allem Hype im Vorfeld wird aber die Performance am Samstag der entscheidende Punkt sein. Es müssen nicht nur gut 1000 Menschen begeistert werden, jetzt müssen 18000 Menschen in der Telenor Arena begeistert werden. Und vor allem die Millionen Zuschauer am Fernseher. Da braucht es einfach eine Performance, die dieser Dimension gewachsen ist, gerade bei einer so stimmungsvollen Mitwipp-Nummer. Drei Minuten unkontrolliert über die Bühne trippeln wird fürchte ich nicht funktionieren, auch wenn Lenas Natürlichkeit ein sehr großes Plus ist. Raab wäre aber nicht Raab, wenn er für Lena nicht irgendetwas entwickelt hätte, das ihre Performance Oslo-tauglich macht.
Fassen wir am besten so zusammen: Geht der Auftritt aus irgendeinem Grund in die Hose, wird sämtliche Sympathie schnell verpufft sein und die Platzierung entsprechend ausfallen. Shit happens.
Wenn jedoch Lena und Stefan das richtige Mittel für Oslo finden und Lena sich von der gigantischen Kulisse nicht einschüchtern lässt, kann ich nur sagen: Why not?
Zweifelsohne hat Lena eine vergleichsweise machbare Konkurrenz. Kein Beitrag sticht bisher groß und berechtigterweise als Favorit hervor, zumindest nicht so, wie es Alexander Rybak letztes Jahr gemacht hat. Es gibt einen gewissen Dunstkreis an Favoriten, in dem Länder wie Armenien, Aserbaidschan, Türkei, Georgien und auch wir herumschwirren, aber eine klare Nummer 1 scheint es diesmal im Vorfeld nicht zu geben. Das ist gut, denn dadurch könnte der Contest zwar nicht der qualitativ beste, aber immerhin einer der spannendsten seit langem werden. (Ist zwar nicht gut für meine Nerven, aber was soll's... ^^)
Und aufgrund dieser Gegebenheiten ist ganz objektiv betrachtet bei einem perfekten Auftritt von Lena nicht nur eine Platzierung im einstelligen Bereich drin. Vielleicht erleben wir tatsächlich den magischen Moment, auf den wir seit 1982 warten. Die Voraussetzungen dafür waren auf jeden Fall schon lange nicht mehr so gut wie in diesem Jahr. Lena und Stefan müssen sie nur zu nutzen wissen...

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