Mittwoch, 4. Januar 2012

Ich hab es SAT.1

Je länger ich indirekt für SAT.1 arbeite, desto mehr entwickelt sich meine Einstellung zu dem Sender zu einer wahren Hassliebe. Manchmal möchte ich am liebsten die gesamte Programmplanungsabteilung nehmen und ein- bis zweimal kräftig durchschütteln. Dass man das Aushängeschild der ProSiebenSat.1-Gruppe so unter Wert verwaltet, tut mir in der Seele weh. Man könnte innerhalb des Privatfernsehens wirklich eine gehaltvolle und erfolgreiche Alternative bilden, die mit RTL mithalten kann, aber vor lauter Gewinnmaximierung vergisst man total, sein Programm abwechslungsreich zu gestalten. (Der Einzige, der darin SAT.1 überbietet, ist ProSieben) Kein Wunder, dass sich der Jahresmarktanteil in keiner Weise verändert hat, nicht ins Schlechte, aber auch nicht ins Gute.


Die einzigen Hoffnungsschimmer in der Primetime sind der Sonntag- und der Dienstagabend, alle anderen Plätze sind mittlere Katastrophen. Beispiel Montag: Man schreibt sich die eigenproduzierte Fiction groß auf die Fahne, und das durchaus zurecht, aber schafft es in 2 Jahren nicht, eine weitere Serie für den Montagabend gebacken zu bekommen, geschweige denn einen Piloten. Stattdessen krebst man zwei Drittel des Jahres mit einer Handvoll RomComs in der Endlosschleife rum und nimmt mit einer geradezu provozierenden Gelassenheit die miserablen Quoten in Kauf. Ganz nach dem Motto: die Daytime gleicht das schon wieder aus.
Ein ähnliches Bild am Mittwochabend; wenn gerade mal keine Champions League läuft, rettet man zumindest den Zielgruppenschnitt mühsam mit Filmen oder mit Kerners unausgegorenem Allgemeinwissensquiz. Von einer konstanten Programmfarbe keine Spur. Erst mit Harald Schmidt stellt sich so etwas wie Normalität ein, wenn auch (leider) auf sehr niedrigem Niveau.
Und der Donnerstag erst, Halleluja. Da will man freiwillig auf die durchaus solide laufende Gruppenphase der Europa League verzichten, um JBK endlich eine regelmäßige Sendezeit zu geben, und was macht man? Man sendet als Line-Up männeraffine Crime-Serien, genau wie bei RTL. Was für eine Überraschung, dass das nicht gut angekommen ist. Abgesehen davon war am Ende "Kerner" nur noch für diejenigen interessant, die in der Woche AKTE 20.11 und stern TV verpasst haben. Das Ende der Sendung tut daher nicht wirklich weh.


Aber man muss fairerweise sagen: Im Kleinen geht es voran. Mit "The Voice of Germany" und "The Winner is..." hat man zwei neue Show-Leuchttürme am Start, die zumindest in den Winter- und Frühlingsmonaten für ein konstantes Bild am Showfreitag sorgen. Der Donnerstag verspricht mit der 60-Minuten-Version der "Perfekten Minute" und mit der neuen Doku-Soap-Waffe Julia Leischik eine gute Alternative. Und man kommt Gott sei Dank ein bisschen davon weg, die Comedy am Freitag zu verheizen. Stattdessen setzt man "Die dreisten Drei" vor die Mittwochsausgabe von Harald Schmidt, der nun auch am Donnerstag ran darf; zwei Entscheidungen, die ich sehr begrüße. Solange sie konsequent durchgezogen werden. Das gilt für alle neuen Entscheidungen im Jahr 2012.


Wenn man z.B. für den Freitag noch ein paar Promispecials von "Mein Mann kann" machen würde, wenn "Ich liebe Deutschland" in geringerer Schlagzahl zurückkehrt und wenn man Kerners Quiz auf den Freitagabend verlegen würde, wäre dieser Abend für eine Saison ausreichend ausgestattet. Und wenn man auch am Donnerstag das neue Programmschema mit ähnlichen Formaten fortführt (z.B. mit dem schon lange angekündigten "You deserve it"), lässt sich der Zuschauer gerne darauf ein. Dann wird es im Herbst auch ohne Champions und Europa League funktionieren.


Und was die Daytime angeht: Bitte, lasst "Anna und die Liebe" im Sommer in Würde sterben. Erstens tötet es den Audience Flow für mein Format K11 :) und zweitens ist der Grad der Austauschbarkeit inzwischen jenseits von Gut und Böse, noch mehr als bei den Telenovelas im Ersten. Lasst euch BITTE etwas Neues für diesen Sendeplatz einfallen. Oder sorgt für ein Comeback von "Schicksale". ;) Wenn ihr jetzt schon Ingo Lenßen für den Vorabend zurückholt...

1 Kommentar:

  1. Hey, schön wieder was von dir zu lesen und das auf gewohnt hohem Niveau. :-)

    FÜr mich ist Sat.1 seit 2005 total uninteressant geworden. Damals lief Star Trek: Enterprise aus - einzig die "Event" Movies find ich immer noch recht nett.

    Ansonsten schrecken mich die Richtershows in derDaytime sowie die vielen austauschbaren Programminhalte massiv ab. Wo sind da die Glanzzeiten à la "Der Bulle von Tölz" geblieben? Jetzt mal Hand aufs Herz - da ist im Sat. 1 Programm nichts, aber rein gar nichts mehr was mich nur im Ansatz interessiert. Auch K11 nicht - das ist ein nettes Programm - aber erinnert mich(sorry) teilweise auch an Lenßen & Partner welches nun von Sat.1 (mangelns experimentierfreudigkeit?) nun zurückgeholt wird, also bitteschön?

    Gut da ist noch das Fußballprogramm - aber da mich das auch nicht interessiert wirds auch schwr für Sat.1 mein Herz zu gewinnen.

    Die Programmvorschläge die du machst kann ich nur unterstreichen - mich würde der Sender zwar als Zuschauer nicht hinzugewinnen, was nun an meinen Sehinteressen liegt und da kann Sat.1 ja auch nix dafür - aber es macht das Programm klarer und besser strukturiert.

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