Donnerstag, 24. November 2005

Perlen des Fernsehens, präsentiert von Guido Knopp; Teil 3: The joy of painting

Es ist ein gewöhnlicher Werktag, kurz nach Eins in der Nacht. Ihr sitzt gelangweilt vor der Glotze, zu wach fürs Bett, aber nicht zu verzweifelt, um euch einen anspruchsvollen Spielfilm im Ersten oder ZDF reinzuziehen. Sämtliche "Golden Girls"-Folgen und "Sexy Sport Clips" kennt ihr bereits von vorne und von hinten auswendig und für eine dieser Nachtquizsendungen habt ihr nicht die Geduld. Euch sinnt es nach Kurzweil, nach ausdrucksstarken Bildern, ohne dabei groß nachdenken zu müssen.Als ob die Fernbedienung in euren Händen Gedanken lesen könnte, zappt sie euch genau in diesem Augenblick auf den Sender BR-Alpha.


[nur soviel: BR-Alpha ist der sogenannte Bildungskanal des Bayerischen Rundfunks; näheres erzähle ich euch vielleicht ein anderes Mal]


Ihr erblickt einen schmächtigen Mann mittleren Alters mit misslungener Dauerwelle und Vollbart, der mit einer bedrohlich großen Farbpalette bewaffnet ist und in fremden Zungen zu einer Leinwand spricht. Zuerst seid ihr skeptisch. Ihr denkt, dass ist doch eine von diesen bescheuerten Anrufshows, bei der jemand so ein Bilderrätsel aufmalt und man dann erraten muss, was gemeint ist. Ihr wollt schon wegschalten, aber etwas lässt euch stocken. Seit wann benutzen die Moderatoren dafür alte Farbpaletten? Seit wann nehmen die Sender solch unattraktive Leute als Moderatoren? Und wo steht bitte die Telefonnummer, unter der man für 49 Cent anrufen muss?


Auch wenn ihr euren Augen noch nicht ganz glauben wollt, bleibt ihr dran und wartet erst einmal ab, was passiert. Und nach fast 30 Minuten wollt ihr euren Augen immer noch nicht trauen, nicht aus Empörung, sondern aus blanken Staunen. Wie hat er das gemacht? Wie hat er in einer halben Stunde ein so realistisches Ölgemälde malen können?


Tja, das kann offensichtlich nur Bob Ross, der Paintmaster der USA. In seiner Sendung "The joy of painting", die jede Nacht um ca 1.00 Uhr auf BR-Alpha läuft, vollbringt er in permanenter Regelmäßigkeit ein malerisches Künststück nach dem anderen, angeblich mit so einfachen Mitteln, dass es jeder Hobbykünstler oder Ex-Kanzler nachmachen kann. Wenn man seinen Worten, die aus seinen buschigen Bart- und Kopfhaaren kommen, richtig lauschen könnte, wäre das mit Sicherheit kein Problem. So verbringt man aber die meiste Zeit doch damit, gebannt dem Experten zuzusehen und am Ende der Sendung ungläubig auf das grandiose Gesamtwerk zu schauen.


Abgesehen davon zeigt diese Sendung, wie einfach man gutes Fernsehen herstellen kann. Ein begabter Maler + eine Leinwand + zwei Kameras - eine bescheurte Gewinnhotline - eine hirnfreie Moderatorin = purer Genuss. Also, wenn ihr es satt hat, Geldpakete und Klingeltöne um die Ohren gebrüllt zu bekommen oder euch bei Chantal beim DSF einen runter zu holen, dann schaltet nachts zu Bob Ross' "The joy of painting". Zündet euch eine Duftkerze an, kuschelt euch in eure Winterdecke und lasst die Hektik des Tages und des Fernsehens in diesen 30 meditativen Minuten hinter euch.


Danke fürs LeSen! And God bless, my friend!

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